Die Nacht des 4. August 1789

In der Nacht vom 4. auf den 5. August 1789 wurden die bis dahin herrschenden Privilegien und Feudalrechte des französischen Adels abgeschafft.

Dieser Vorgang war die unmittelbare Folge der sogenannten Großen Furcht.

Vorgeschichte der Nacht des 4. August

Nach dem Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 hatte sich die Lage in Frankreich zugespitzt.

Fast im ganzen Land wurden neue regionale Regierungen ausgerufen und es bildeten sich Einheiten der Nationalgarde.

Auch vor dem Land und deren Bevölkerung machte die Französische Revolution nicht Halt, was nicht weiter verwunderlich war.

Gerade dort herrschte bereits seit Monaten große Unzufriedenheit unter den Bauern, aus denen sich rund 75 Prozent der Bevölkerung zusammensetzten.

Schon seit Jahrhunderten nutzten die adligen Feudalherren die Bauern erbarmungslos aus und pressten ihnen die Steuern ab, welche die Bauern mühsam erarbeiten mussten.

Neben Pacht und Zins leisteten die Bauern außerdem die Kirchensteuer für den Klerus.

Selbst Bauern, die über eigenes Land verfügten, waren von diesen Abgaben nicht ausgeschlossen.

Darüber hinaus leisteten die Bauern Wehrdienst, stellten Pferde samt Wagen für die Armee zur Verfügung oder mussten Straßen bauen, ohne dafür entlohnt zu werden.

In den Wäldern zu jagen oder etwas Holz zu sammeln war den Bauern dagegen verboten. Dies war ausschließlich den Adligen gestattet.

Die Tiere der Bauern hatten auf deren Höfen zu bleiben, während das Vieh des Adels überall weiden durfte. Diese Vorschrift galt sogar, wenn das Vieh der Adligen den Besitz der Bauern zerstörte.

Die Große Furcht

Als im Mai 1789 die Generalversammlung in Versailles einberufen wurde, erhoffte sich die Landbevölkerung, dass all jene Missstände, über die sie schon seit langem klagte, endlich abgeschafft würden.

Darüber hinaus herrschte in Frankreich Nahrungsmittelknappheit, an der die Bauern dem Adel die Schuld gaben.

Als die Nachricht vom Sturm auf die Bastille in Paris die Runde machte, bekamen die Bauern Angst, dass die Stadtbevölkerung die Ernte an sich bringen wollte.

Außerdem herrschte das Gerücht, der Adel hätte eine Armee aus Bettlern aufgestellt, um gegen die Bauern vorzugehen.

Aus Angst schlossen sich die Bauern zusammen und plünderten die Besitztümer des Adels oder verbrannten sie einfach.

Weil die Behörden dagegen machtlos waren, riefen die besorgten Stadtbürger die Nationalgarde zu Hilfe. Dadurch kam es in vielen Regionen zu blutigen Kämpfen.

Der Bretonische Club

Die Große Furcht und die Gewalttaten im ganzen Land blieben der Nationalversammlung nicht verborgen.

Die meisten Vertreter des Adels reagierten jedoch hinhaltend und waren nicht bereit, den Bauern Zugeständnisse zu machen.

Rund einhundert Abgeordnete des Dritten Standes fanden sich im sogenannten Bretonischen Club zusammen, der den Ursprung der späteren Jakobiner bildete, und beschlossen, die privilegierten Stände vor vollendete Tatsachen zu stellen.

Auf diese Weise wollten sie die Pläne der Privilegierten durchkreuzen, die Unruhen einfach zu ignorieren und auf bessere Zeiten zu warten.

Sondersitzung des 4. August

In der Nacht vom 4. zum 5 August fand eine Sondersitzung der Nationalversammlung über die Gewalttaten der Landbevölkerung statt.

Dabei wurden die Angehörigen des Bretonischen Clubs von mehreren liberalen Adligen unterstützt, die sich als Vorreiter der Reformen präsentierten.

Der Herzog von Aiguillon machte klar, dass das Volk lediglich den Versuch unternahm, ein Joch abzustreifen, unter dem es bereits seit Jahrhunderten litt.

Er war überzeugt davon, dass sich der Frieden im Land durch den Verzicht der privilegierten Stände auf ihre bisherigen Vorrechte wiederherstellen ließ.

Zum Wohle des Volkes war der Adlige daher bereit, auf seine Privilegien zu verzichten.

Zahlreiche Abgeordnete folgten dem Ansinnen des Herzogs und erklärten sich ebenfalls dazu bereit, in Ständen, Städten und Provinzen auf ihre Vorrechte zu verzichten. Ebenso wurde der Kirchenzehnt einbezogen.

Reformen

Zu den Reformen gehörten das ersatz- und entschädigungslose Streichen von Leibeigenschaft und Frondiensten.

Die Bauern erhielten zudem die Gelegenheit, durch Geldzahlungen die Grundherrenrechte, die auf ihre Böden bestanden, abzulösen.

Bis zur Rückzahlung des Kapitals entrichteten sie einen Zins.

Die Gutsherren durften von nun an aufgrund ihrer Privilegien keine Eigentumsansprüche mehr erheben.

Stattdessen gelangten privatrechtliche Verträge zur Anwendung.

Die am 4. August begonnene Diskussion über die Abschaffung der Feudalrechte wurde bis zum 11. August fortgesetzt und dann von der Nationalversammlung mehrheitlich beschlossen.

Die Abschaffung der Privilegien betraf auch die Sonderrechte der Adligen bei der Jagd sowie auf die Taubenschläge und Gehege.

Des Weiteren erfolgte die Abschaffung der Rechtssprechung durch die Gutsherren.

Ferner durften keine Magistrats- und Gerichtsämter mehr gekauft werden.

Gemäß der Beschlüsse der Nationalversammlung bekamen die Bürger ohne Unterschiede ihrer Geburt einen freien Zugang zu sämtlichen zivilen, militärischen und kirchlichen Ämtern.

Die Kirche in Rom sollte kein Geld mehr erhalten.

Folgen der Nacht des 4. August 1789

Durch die zahlreichen Dekrete vom 4. August 1789 fand die alte Gesellschaftsordnung in Frankreich ihr Ende.

Die Spuren der jahrhundertelangen Unterdrückung sollten beseitigt werden.

Stattdessen galten die Franzosen von nun als gleichberechtigt und unterstanden denselben Gesetzen.

Die Steuerlast sollte gerechter verteilt werden und die Kirche wurde neu organisiert.

Am 27. August 1789 verkündete die Nationalversammlung außerdem die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte.

Demnach sollte der Mensch frei sein, alles zu tun, was seinen Mitmenschen nicht schadete.

Gefangene galten solange als unschuldig, bis ihre Schuld erwiesen war.

Reaktion des Königs

Stolz auf ihre neuen Reformen erklärte die Nationalversammlung König Ludwig XVI. zum Erneuerer der französischen Freiheit.

Der König weigerte sich jedoch, die Erlasse vom 4. August zu unterzeichnen, weil er die Abschaffung der privilegierten Stände nicht wünschte.

Stattdessen verharrte er in Nichtstun.

Die Nationalversammlung zeigte sich ratlos und fand vorerst keinen Weg, das Vetorecht des Königs einzuschränken.

Erst durch einen erneuten Volksaufstand im Oktober 1789 konnte Ludwig XVI. zur Unterzeichnung der Beschlüsse gezwungen werden.