Unter der „Großen Furcht“ (La Grande Peur) werden Ereignisse in der Anfangsphase der Französischen Revolution verstanden.
Dabei kam es im Juli/August 1789 zu einem Aufstand der Bauern, der von Gewalt überschattet wurde.
Was war die Große Furcht bzw. Grande Peur?
Bei der sogenannten Großen Furcht bzw. Grande Peur handelte es sich um eine Panik unter den französischen Bauern im Sommer 1789. Diese führte schließlich dazu, dass sich die Bauern im Schatten der schweren Wirtschaftskrise gegen die Vertreter des Adels erhoben.
In fast ganz Frankreich wurden die Schlösser der Gutsbesitzer gestürmt, wobei es zur Vernichtung von zahlreichen Urkunden kam, in denen die Rechte der Grundbesitzer festgelegt wurden.
Letztlich löste die Grande Peur die Abschaffung der feudalen Rechte aus und sorgte für den Durchbruch der Französischen Revolution.
Was führte zum Aufstand der Bauern?
Seit dem Winter 1788/89 hatte sich das Verhältnis zwischen den Bauern und ihren Grundherren aufgrund der hohen Abgabenlasten deutlich verschlechtert. So wurden von vielen Bauern keine Abgaben mehr an die Gutsbesitzer gezahlt.
Geschürt wurde das Missverhältnis von einigen bürgerlichen Revolutionären, die eine Erhebung des Volkes anstrebten, um die Ablösung der absolutistischen Regierung des Königs zu erreichen. Daher wurde in den Reden auf den Versammlungen wiederholt das Abschaffen der Feudallasten gefordert.
In den folgenden Monaten erhielten die Aufruhrbewegungen in Frankreich mehr und mehr Zulauf und viele Bauern verweigerten ihren Herren die Frondienste.
Im März 1789 befand sich fast der gesamte Osten des Landes in Aufruhr, wenngleich noch kein geschlossener Zusammenhang bestand.
Während der Feldarbeiten ließen die Unruhen nach, flammten jedoch nach dem Einbringen der ersten Ernte in den Monaten Juli und August wieder auf.
Besonders betroffen waren die Regionen im Nordosten, Osten und Südosten des Königreichs, in denen die Erhebungen erneut ausbrachen.
Der Sturm auf die Bastille
Auch die Vorgänge in Paris, die am 14. Juli 1789 zum Sturm auf die Bastille und damit zum Ausbruch der Französischen Revolution führten, spielten bei der Grande Peur eine bedeutende Rolle.
So befürchteten zahlreiche Angehörige der französischen Landbevölkerung, dass sich die Adligen an ihnen rächen würden, weil sie keine Steuern und Abgaben mehr entrichteten.
Darüber hinaus machten Gerüchte die Runde, dass Horden von Räubern und Bettlern im Auftrag des Adels plündernd durch das Land zögen.
Außerdem erhoffte sich die Landbevölkerung, dass die neu gebildete Nationalversammlung die bisherigen ungerechten Zustände abschaffen würde. Weil sich aber wochenlang nichts tat, befürchteten die Bauern, dass die Adligen den König gegen sie aufgebracht und ihre Vertreter eingesperrt hätten.
Auch für die Knappheit an Nahrungsmitteln wurde dem Adel die Schuld gegeben.
Als die falsche Nachricht die Runde machte, dass die Adligen an der Grenze ein riesiges Heer aus Bettlern aufgestellt hätten, um die Bauern zu ermorden, begann die Große Furcht / Grande Peur.
So verspürten die meisten Bauern regelrechte Todesangst, als sie beschlossen, zu den Waffen zu greifen und gegen die Grundbesitzer vorzugehen.
Nachdem die Meldung über das Erstürmen der Bastille eintraf, kam es an der Scarpe, in der Normandie, in der Region um Macon sowie im Hochburgund zu Aufständen.
Zu den ersten Opfern der wütenden Erhebung wurden am 16. Juli die Schlösser Sancy, Molan, Bithaine und Lure.
Es dauerte nicht lange, bis sich ganz Lothringen erhob.
Beginn des Aufstands
Weil die Bauern glaubten, dass es das Ziel der Revolution war, gleiche Verhältnisse des Vermögens sowie der Lebensbedingungen zu schaffen, gingen sie in erster Linie gegen die Grundherren vor.
In Saarlouis, Saargemünd, Thionville, Pfalzburg und Forbach verjagten sie die Steuerbeamten und plünderten deren Kanzleien.
Den Städten schlossen sich die umliegenden Dörfer an.
Auch im Elsass kam es fast überall zu Plünderungen. Ihnen fielen Ende Juli elf Schlösser und drei Abteien zum Opfer. Außerdem verbrannten die Aufständischen sämtliche Register über Abgaben und Feudalsteuern aller Art.
An einigen Orten entstanden sogenannte fliegende Bauernkolonnen, die sich aus mehreren hundert Männern zusammensetzen. In manchen Fällen brachten sie es sogar auf tausende Aufständische.
Sie kamen aus den angrenzenden Dörfern und gingen gegen verschiedene Schlösser vor, deren Papiere allesamt im Feuer endeten.
Auch Abteien der Kirche wurden immer wieder geplündert und zerstört.
Die Rebellion setzt sich fort
Immer mehr Dörfer erhoben sich bis Anfang August gegen die Adligen. Wälder und Wiesen wurden unter den aufständischen Bauern aufgeteilt. Die Polizeibehörden standen dem Aufstand der Bauern hilflos gegenüber.
Die Bürger in den Städten reagierten mit größter Beunruhigung auf den Bauernaufstand. Vor allem die Vermögenden hatten Angst, die Armen könnten sich mit Räubern zusammentun und sie um ihren Reichtum bringen.
So kam es am 5. August 1789 durch das Bürgertum zur Bildung der Nationalgarde, die um Hilfe ersucht wurde. Die Garde rückte gegen die aufständischen Horden vor, wodurch es zu heftigen Kämpfen kam, die Hunderte von Menschen das Leben kosteten.
Außerdem wurden Bürgerpatrouillen aufgestellt, die es auf bis zu 300.000 Mann brachten.
Die Reaktion der Nationalversammlung auf die Grande Peur
Der Aufstand der Bauern blieb auch der Nationalversammlung in Versailles nicht verborgen. So wurden immer mehr französische Städte von der Großen Furcht ergriffen und die Zahl der Opfer stieg von Tag zu Tag.
Daher sah die Nationalversammlung den Zeitpunkt gekommen, um ihre Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Im Rahmen einer Sondersitzung, die am 4. und 5. Juli 1789 stattfand, fiel der Beschluss, mehrere Vorrechte des ersten und zweiten Standes abzuschaffen. Dazu gehörten vor allem der Frondienst und Steuerprivilegien.
Der Herzog von Aiguillon erklärte, „dass das Volk ein Jahrhunderte altes Joch abschütteln wolle“. Nur durch den Verzicht auf Privilegien sei es möglich, den Frieden wiederherzustellen. Auch der Herzog selbst war dazu bereit, auf eigene besondere Rechte zu verzichten. Viele Adlige entschlossen sich, dieser Handlung zu folgen.
So kam es durch die Verfassungsgebende Nationalversammlung in jener Nacht zum Erlass diverser Dekrete, die dazu dienten, die Leibeigenschaft und die Klassenunterschiede zu beseitigen.
Rechte, die sich an das Grundeigentum banden, blieben allerdings bestehen. So mussten sich die Bauern von den jeweiligen Abgaben freikaufen.
Dennoch stellten die Bauernaufstände, die durch die Große Furcht entstanden waren, einen bedeutenden Schritt dar, um in der Landwirtschaft die feudale Ordnung hinter sich zu lassen.
Folgen der Grande Peur
Nach den Bauernaufständen sollten alle Franzosen gleich sein, was das Ende der alten Gesellschaftsordnung bedeutete. Demnach unterstanden alle Angehörigen des Königreichs nun den gleichen Gesetzen und sollten gerechte Steuern zahlen.
König Ludwig XVI. weigerte sich jedoch, die Beschlüsse der Nationalversammlung vom 4. August zu billigen und blieb tatenlos.
Manche Politiker vertraten die Ansicht, dass ein weiterer Volksaufstand nötig sei, um den König zum Einlenken zu zwingen.