Hungerrevolten und Bauernaufstände im Vorfeld der Französischen Revolution

Zu den Hauptauslösern der Französischen Revolution zählte der Mangel an Lebensmitteln.

So kam es bereits im Frühjahr 1789 zu Hungerrevolten und Protesten.

Vorgeschichte

Schon Jahre vor dem Ausbruch der Französischen Revolution im Juli 1789 hatten sich zahlreiche Philosophen, Schriftsteller und Aufklärer Gedanken über politische Reformen gemacht.

So wurde es als ungerecht empfunden, dass Adel und Klerus, die lediglich 2 Prozent der knapp 25 Millionen Franzosen zählenden Bevölkerung ausmachten, privilegiert waren und rund 40 Prozent des Bodens in Frankreich besaßen.

Außerdem kontrollierte der Adel die niedere Gerichtsbarkeit, unterschiedliche Dienstrechte sowie die Rechte für Jagd und Fischerei.

Dagegen konnten die Angehörigen des Dritten Standes nur über kleine Landparzellen verfügen und leisteten unterschiedliche Steuern und Abgaben. Deren Höhe fiel je nach Region sehr verschieden aus.

Der Adel brauchte überhaupt keine Steuern zu entrichten, und die Kirche kaufte sich gegen ein geringes Entgelt einfach davon frei.

Landpächter und Kleinbauern waren dagegen verpflichtet, an ihre Grundherren die Pacht zu entrichten, für sie Dienste zu leisten sowie Ernteabgaben zu erbringen.

In Krisenzeiten erhöhten die Adligen häufig die Last der Abgaben auf Kosten der Bauern.

Auch die Kirche erhielt ihren Zehnten, was zumeist in Form von Naturalien erfolgte.

Abgabenerhöhung und Bevölkerungszunahme

Vor 1789 wurden Steuern und Abgaben noch einmal um etwa 25 Prozent erhöht, was die sozialen Probleme noch verschärfte.

Darüber hinaus waren die einfachen Bauern an ihr Dorf gebunden und verließen ihre nähere Umgebung kaum, wenn sie nicht die wirtschaftliche Not dazu zwang.

Außerdem handelte es sich bei den meisten Bauern um Analphabeten, die kaum dazu imstande waren, die soziale Ordnung zu reformieren.

Ein weiteres Problem in Frankreich vor 1789 war der zunehmende Anstieg der Bevölkerung im Land. Es standen immer weniger Lebensmittel für die wachsende Zahl der Menschen zur Verfügung, wodurch die Preise für Nahrungsmittel seit 1770 immer weiter anstiegen.

Die Missernte von 1788

Wesentlich mehr als politische Reformen oder die Aufklärung interessierte das einfache Volk daher der Brotpreis.

Die Nahrungsmittelpreise stiegen jedoch noch weiter an, als es im Sommer 1788 in Frankreich zu einer schlimmen Missernte aufgrund von schweren Unwettern kam.

Zu allem Übel fiel auch der Winter 1788/89 mit Temperaturen von bis zu -18 Grad Celsius ungewöhnlich hart aus, wodurch es den Bauern, die etwa vier Fünftel der französischen Bevölkerung bildeten, an vielem mangelte.

Im Frühjahr verschlimmerten Überschwemmungen sowie Seuchen unter den Viehbeständen in vielen Gebieten die Nahrungsmittellage. So entstanden schließlich vielerorts Hungersnöte.

Soll das Volk doch Kuchen essen

Adel und Klerus, deren Speicher mit ausreichend Reserven ausgestattet waren, brachten nur wenig Verständnis für die problematische Situation der Bauern und Armen auf.

Erschwerend machte zudem das Gerücht die Runde, dass Königin Marie-Antoinette, die verschwendungssüchtige Gattin von König Ludwig XVI., gesagt haben solle, „dass das Volk doch Kuchen essen soll, wenn es kein Brot hat“.

Dadurch wurde das ganze Missverhältnis zwischen dem wohlhabenden und von Müßiggang geprägten königlichen Hof und der übrigen Bevölkerung offenbar.

Viele Historiker sind sich heute sicher, dass Marie-Antoinette diesen Satz so nie gesagt hatte. Doch wurde dieses Gerücht mit großem Eifer im Land verbreitet und auch geglaubt, weil es die damalige Situation passend beschrieb.

Erste Hungerrevolten

Den Hungernden war jedoch nicht entgangen, dass Adel und Klerus üppig gefüllte Speicher besaßen. Daher wurden die Grundherren aufgefordert, Brot und Getreide zu einem fairen Preis zum Verkauf anzubieten.

Dessen ungeachtet erhöhten sich die Brotpreise um das Dreifache.

Schließlich stieg das Brot zum teuersten Grundnahrungsmittel von allen auf. Für ein einziges Brot war ein Handwerker gezwungen, rund 50 Prozent seines Lohns zu zahlen. Nie war Brot in Frankreich derart teuer gewesen.

Da immer weniger Menschen sich diese horrenden Preise leisten konnten, verschärfte sich die Hungersnot, die auch als Brotnot bezeichnet wurde.

Aufgrund der hohen Brotpreise ließ wiederum die Nachfrage nach anderen Gütern, die für das tägliche Leben benötigt wurden, nach. Über den wirtschaftlichen Transmissionsriemen ergriff die Unzufriedenheit auch immer mehr derjenigen Menschen, die von der Brotproblematik alleine noch nicht existenziell betroffen waren.

So bildete sich ab März 1789 eine geschlossene Front aus Mitgliedern des dritten Standes, reformwilligen Adligen, den Bauern und den Massen in den Städten.

Sie umfasste die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Schichten wie Unternehmer, reiche Kaufleute, Mediziner, Händler, Handwerker, Landwirte, Fischer, Transportarbeiter und Handlanger.

Auswirkungen der Brotnot

In einigen Gebieten arteten die Proteste sogar in Hungerrevolten aus, die vereinzelt in offenen Aufruhr übergingen.

Die wütenden Bauern hatten ihre Dörfer verlassen, um gegen die Oberschicht zu protestieren.

Darüber hinaus stachelten die Liberalen das einfache Volk immer wieder auf. Es entstand das Gerücht, dass die Regierung die Bevölkerung voller Absicht aushungern wolle.

Viele Lager und Geschäfte in den Städten wurden von den hungernden Menschen daraufhin einfach geplündert.

Doch nicht nur eine Besserung bei der Lebensmittelknappheit wurde gefordert, sondern die Landbevölkerung verlangte auch das Ende der bisherigen Feudalherrschaft, von Frondiensten, Abgabepflichten, Brückenzöllen, Wegezöllen sowie den Vorrechten ihrer Herren.

Für die alte Ständeordnung gab es in dieser Prérévolution keine Rücksicht mehr.

Von den Städten Toulon, Marseille, Arles und Aix weiteten sich die Unruhen bis in die Dörfer aus.

Als im April die Arbeiter der Papierfabrik ‚Réveillon‘ in Paris aus Protest in den Streik traten, griff das Militär ein und beendete den Aufstand blutig. Es kam zu rund 300 Todesopfern.

Schließlich wurde der König dazu aufgefordert, eine neue Generalständeversammlung zu berufen. Nachdem sich die Staatskasse mittlerweile fast völlig geleert hatte, gab Ludwig XVI. nach und bestimmte eine Versammlung der drei Stände für den 5. Mai 1789

Diese Entscheidung führte zunächst zu einer Beruhigung der Lage, die sich jedoch als trügerisch erweisen sollte. Große soziale Umwälzungen standen ab Juli 1789 bevor.

Aufstand der Bauern

Nachdem es am 14. Juli 1789 zum Sturm auf die Bastille und damit zum Beginn der Französischen Revolution gekommen war, begannen auch die Bauern auf dem Land, sich gegen die Obrigkeit zu erheben. So waren sie durch die Vorkommnisse in Paris zutiefst verunsichert und stürmten die Schlösser der Adligen. Dabei wurden die Akten zerstört, die die Abgaben der Bauern festlegten.

Abschaffung der Adelsprivilegien

Nicht zuletzt infolge der Bauernaufstände wurden letztlich zahlreiche Privilegien des Adels durch die neu entstandene Nationalversammlung am 4. und 5. August 1789 abgeschafft.

Dadurch brauchten die Bauern keine Frondienste mehr zu leisten, und der Adel musste nun Steuern zahlen.

Allerdings waren die Bauern gezwungen, sich von ihrer Abhängigkeit freizukaufen, sodass es noch bis zur Errichtung der Ersten Republik am 21. September 1792 dauerte, bis das Feudalsystem in Frankreich sein endgültiges Ende fand.